Auf den Neujahr-Empfängen der Banken und Wirtschaftsverbände orakelten die „Wirtschaftsweisen der Immobilienbranche“ nahezu einhellig, dass der Immobilen-Branche ein weiteres Rekordjahr bevorstehe, wenn – in einer volatilen Welt – nicht ein damals unbekannter Faktor dem langjährigen Boom ein jähes Ende bereiten würde. Gedacht haben Redner wie Auditorium zu diesem Zeitpunkt wohl eher an eine Eskalation des Welthandelskrieges oder eine Zuspitzung des Nahostkonflikts, aber die Corona-Krise könnte nun genau diesen externen Faktor darstellen. Ob dies tatsächlich so kommen wird, ist allerdings gegenwärtig noch schwer absehbar.

Klar ist zum heutigen Zeitpunkt, dass einige Sektoren der Branche besonders leiden werden und z.T. auch bereits heute bis hin zur Existenzgefährdung ächzen. Zu nennen sind hier natürlich Hotels, der ohnehin gebeutelte Einzelhandel und auch der eigentlich boomende Büromarkt. Wie in jeder Krise gibt es auch (kurzfristige) „Gewinner“ – wie z.B. die Anbieter von Logistik- und Lagerflächen, die gegenwärtig eine verstärkte Nachfrage erleben.

Bei allem Pessimismus ist allerdings bereits jetzt zu erkennen, dass der Staat bereit ist, erhebliche Anstrengungen zu unternehmen, um in Schieflage geratene Akteure der Immobilienbranche zu stützen, und im Übrigen hat auch die EZB bereits angekündigt, Anleihenankaufprogramme und das niedrige Zinsumfeld aufrechtzuerhalten. Der Nährboden für einen fortgesetzten Immobilienboom ist daher weiterhin vorhanden, allerdings in einer möglicherweise auch wirtschaftlich komplett veränderten Welt.

Aus rechtlicher Sicht zeichnen sich bereits heute folgende zu beachtende Themen ab:

1. Mietrecht

Die gravierenden Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung des Virus haben bereits heute den Effekt, dass zahlreiche Wohnungs- und Gewerbemieter nicht mehr ohne weiteres in der Lage sind, die monatlichen Mietzahlungen zu leisten. Das birgt Risiken für Mieter wie Vermieter – Vermieter sind im Rahmen der Objektfinanzierung auf einen kontinuierlichen Cash-Flow angewiesen, der in nicht unerheblichem Ausmaß ausbleiben könnte und zahlreiche Vermietungsgesellschaften in die Insolvenz führen könnte, Renditeerwartungen werden ebenfalls ausbleiben; Mietern droht bei wiederholt ausbleibender Mietzahlung die außerdordentliche Kündigung des Mietverhältnisses und damit häufig der Entzug ihrer Existenzgrundlage. An der Mietzahlungspflicht ändert Corona grundsätzlich nichts – einen Grund für Mietminderungen stellt Corona ebenfalls wohl nicht dar. Es liegt auf der Hand, dass das Kündigungsrecht von Vermietern, etwa zur Erzielung im Anschluss höherer Mieteinnahmen, missbräuchlich eingesetzt werden könnte. Diskutiert wurden in den letzten Wochen verschiedene Maßnahmen, um (in erster Linie) den Mietern zu helfen. Diese reichten von Sonderfonds für Mieterinnen und Mieter, Ausweitungen des Wohngelds bis hin zu einer Aussetzung des Kündigungsrechts bei über zwei Monate ausbleibenden Mietzahlungen. Die städtischen Vermieter in Hamburg etwa gewähren bereits zinsfreie Mietstundungen. Zahlreiche private Vermieter möchten entsprechend vorgehen, können die wirtschaftlichen Folgen aber z.T. nicht (alleine) tragen. Es bedarf daher auch hier schneller staatlicher Zusagen. Zwischenzeitlich liegen erste Entwürfe zum Mietrecht vor, die insbesondere mieterschützende Regelungen beinhalten. Die Entwürfe sollen bereits in dieser Woche beschlossen werden. Wir werden Sie über die Einzelheiten informiert halten.

2. Baurecht

Neben der Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld (s. dazu Beitrag vom 17. März 2020 von Maximilian Juncker) stellt sich im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vor allem die Frage danach, in wessen Risikosphäre durch die Corona-Krise ausgelöste Verzögerungen und Mehrkosten zu verorten sind. In VOB/B-Verträgen dürfte wohl davon auszugehen sein, dass einzelne gravierende Auswirkungen der Corona-Krise als „höhere Gewalt“ anzusehen sind, da diese jedenfalls bislang gott sei Dank ein singuläres Ereignis darstellt, mit dem bei Abschluss des Vertrages nicht zu rechnen war. Auftraggeber sollten aber aufpassen, nicht jede Behinderung aufgrund der Corona-Krise als berechtigt zu akzeptieren. Erkrankungen einzelner Mitarbeiter oder Lieferengpässe aus bestimmten Regionen der Welt, sind Umstände, die vom Auftragnehmer bei Vertragsschluss eingeplant und kompensiert werden müssen. Hier ist daher Vorsicht geboten. Nachvollziehbar ist auch, dass beide Vertragsparteien in ihre Vertragsmuster für zukünftige Verträge bis auf weiteres „Corona-Klauseln“ aufnehmen sollten, um eine adäquate Risikoverteilung zu erreichen. Bei der Gestaltung solcher Klauseln unterstützen wir gerne.

3. Grundstücks-Kaufverträge

Bei der Abwicklung kürzlich geschlossener Kaufverträge steht zu befürchten, dass sich aufgrund von Engpässen in Behörden, Grundbuchämtern und Banken der Eintritt von Fälligkeitsvoraussetzungen deutlich verzögern wird. Damit werden Verträge in den sog. Long-stop laufen, was in der Regel Rücktrittsrechte zur Folge hat, die z.T. sogar Vertragsstrafen zur Folge haben, wenn die fehlenden Fälligkeitsvoraussetzungen einer Partei zugeordnet werden können. Hier sollten idealerweise frühzeitig einvernehmliche (Verlängerungs-)vereinbarungen getroffen werden. Falls Sie hier Unterstützung benötigen, wenden Sie sich gerne an uns.

Zahlreiche weitere Auswirkungen werden sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen. Wir werden Sie über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten.

Wenn Sie Fragen haben, zögern Sie bitte nicht, uns zu kontaktieren!

Dr. Matthias Laas

 

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