Folge 1: Wohnungsbaupolitik

Die deutsche Immobilien- und Energiewirtschaft befindet sich angesichts der erheblichen Veränderung der Weltlage in einem dynamischen Veränderungsprozess. Der Kampf gegen den Klimawandel duldet keinen Aufschub mehr.  Globale Krisenherde haben eine gestiegene Inflation und daraus resultierend erhebliche Zinssteigerungen hervorgerufen. Dies hat insbesondere die Boomjahre der Immobilienwirtschaft jäh beendet. Der Energiewirtschaft muss hingegen eine schnelle und möglichst reibungslose Transformation von fossil zu erneuerbar hinbekommen.

Vor diesem Hintergrund gibt es zahlreiche Gesetzesänderungen und -vorschläge, die zum Teil von der Bundesregierung oder den Landesregierungen veranlasst sind, zum Teil von europäischer Ebene vorgegeben wurden.

Dieser Blog soll – gerade für unsere internationalen Mandanten – einen Überblick über neue Entwicklungen geben.

Folge 1: Wohnungsbaupolitik

  • Worum geht es?

Die Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag 2021 versprochen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass jährlich 400.000 Wohnungen und davon 100.000 Sozialwohnungen gebaut werden. Das entsprach dem ermittelten Bedarf und sollte der zunehmenden Wohnungsnot gerade in Ballungsräumen (wie den sieben größten Städten, aber auch zahlreichen Studentenstädten) entgegenwirken.

  • Ist das gelungen?

Nicht annähernd. Das Ziel wurde und wird deutlich verfehlt. Auch in den nächsten Jahren ist nicht damit zu rechnen, dass das Ziel erreicht werden kann. Die Aussichten für 2024 sind eher noch düsterer als dieses Jahr, z.T. wird davon gesprochen, dass im Jahr 2024 eher 200.000 Wohnungen fertiggestellt werden. Gleichzeitig hat sich u.a. durch die zunehmende Migration der Bedarf auf eher 700.000 Wohnungen erhöht.

  • Woher kommt das?

Aufgrund einer langanhaltenden Boomphase im Immobiliensektor wurden Reformen lange nicht in Angriff genommen, im Gegenteil: die Bundesländer wollten auch etwas vom Kuchen abhaben und haben die Grunderwerbsteuer auf häufig 6,5 % erhöht und von Projektentwicklern vielfach in städtebaulichen Verträgen die Übernahme von Kosten für Erschließung und Infrastruktur abverlangt. Das hat so lange funktioniert, wie auch die Projektentwickler davon gut leben konnten. Mit der Corona-Krise entstanden aber zuerst Lieferengpässe bei zahlreichen Baumaterialien und mit dem Ukraine-Krieg eine zunehmende Inflation, die von den Zentralbanken mit immer weiter steigenden Zinsen bekämpft wird. Unter diesen Bedingungen können viele Projektentwickler keine Projekte mehr realisieren, ohne an den Rand einer Pleite getrieben zu werden – oder darüber hinaus …

  • Was soll jetzt von politischer Seite unternommen werden, um den Turnaround zu schaffen?

Das zuständige Bundesbauministerium) hat inzwischen einen 14-Punkte-Plan entwickelt, der jedenfalls mittelfristig zu mehr Wohnungsbau führen soll (hier abrufbar: https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/topthemen/Webs/BMWSB/DE/Massnahmenpaket-bauen/massnahmenpaket-artikel.html). Experten rechnen etwa 2025 mit einem echten Effekt auf den Wohnungsmarkt.

  • Was ist geplant?

Die wohl wichtigsten, geplanten Punkte sind:

  • Einführung eines Sonder-Abschreibung

Geplant ist eine degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) in Höhe von 6 % bis 1. Oktober 2029. Wichtig: keine Baukostenobergrenze, Voraussetzung EH 55-Standard, Anknüpfung Baubeginn (nicht Bauantrag).

  • Angleichung der Bauordnungen der Länder, Serielles Bauen

Ein zentrales Problem ist, dass die Bauordnungen der Bundesländer in Deutschland sehr unterschiedliche Regelungen kennen, was die deutschlandweite Tätigkeit im Bausektor deutlich verkompliziert. Die Regelungen der Bauordnungen sollen daher stärker angeglichen werden, was allerdings bereits seit Jahrzehnten diskutiert wird. Es gibt einen Vorstoß der Bundesarchitektenkammer, die einen Entwurf zur Änderung der Musterbauordnung vorgelegt hat, der zumindest mit allen Kammern der Bundesländer abgestimmt wurde (kann hier heruntergeladen werden: https://bak.de/presse/pressemitteilungen/bak-legt-musterumbauordnung-vor-als-beitrag-zur-nachhaltigen-entwicklung-von-staedten-und-kommunen/). Zentrale Rolle soll u.a. das sog. serielle bzw. modulare Bauen einnehmen. Hier soll es sog. Typengenehmigungen geben, damit ein Vorhaben, für das in einem Bundesland eine Genehmigung erteilt wird, nicht in einem anderen Bundesland abgelehnt wird.

  • Verschiebung der gesetzlichen Verbindlichkeit des EH-40-Standards

Es wird angekündigt, dass der eigentlich als verbindlich vorgesehene EH-40-Standard, in dieser Legislaturperiode wegen der damit verbundenen Kosten nicht mehr zum gesetzlichen Standard werden soll. Viele institutionelle Investoren verlangen diesen Standard allerdings – schon aufgrund von ESG-Vorgaben – inzwischen ohnehin. Aus der Branche wird vielfach gefordert, kurzfristig zur Ankurbelung der Bauwirtschaft auch wieder ein Förderprogramm für Gebäude nach EH-50-Standard zu realisieren.

  • EUR 18,15 Mrd. für sozialen Wohnungsbau

In vielen Städten in Deutschland haben über die Hälfte der Einwohner Anspruch auf eine Wohnberechtigungsschein. Häufig wird allerdings die fehlende Flexibilität der Förderwege aus der Branche kritisiert. Es bedürfe mehr Stufen, damit sozialer Wohnungsbau tatsächlich wieder attraktiv wird. Hierzu verhält sich das Positionspapier gegenwärtig nicht.

  • Was steht im Positionspapier noch drin?

Vereinfachung und Beschleunigung des Baus von bezahlbarem Wohnraum (Änderung im BauGB vorgesehen), Förderung von Klimafreundlichem Neubau und Wohneigentum für Familien, Wohneigentumsprogramm „Jung kauf Alt“, Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit (wohl nach dem Vorbild Wiens), Förderprogramm für Junges Wohnen (EUR 500 Mio. fließen in die Errichtung von Wohnheimen für Studierende und Auszubildende), Vereinfachung des Bauens (durch Förderung des Gebäudetyps E), vergünstigte Abgabe von Grundstücken der Bundesanstalt für Immobilien (BImA), Anpassung der Lärmrichtwerte bei heranrückender Wohnbebauung, Förderung von Einbau klimafreundlicher Heizungsanlagen, Senkung der Erwerbsnebenkosten (z.B durch mehr Flexibilität bei der Grunderwerbsteuer) gehören ebenfalls zum 14-Punkte-Plan.

  • Wann kommt das alles?

Im Prinzip sollen die Maßnahmen noch in dieser Legislaturperiode, also bis 2025, umgesetzt werden. Vieles soll aber sogar noch 2023 auf den Weg gebracht werden, was allerdings abzuwarten bleibt. Wir werden die Einzelpunkte jeweils unter die Lupe nehmen, sobald konkrete Vorschläge vorliegen.