Am gestrigen Mittwoch wurde unter großem Medieninteresse der Koalitionsvertrag der neuen „SchRoKo“ vorgestellt. Auch zum Thema Klimaschutz, Erneuerbare und Windenergie wird einiges festgehalten. Eines lässt sich festhalten: das medial als Tiger gestartete Versprechen insbesondere der CDU/CSU, das sogenannte „Heizungsgesetz“ abzuschaffen, wurde still und leise in einen kleinen Bettvorleger transformiert, denn eine Reform des Gebäudeenergiegesetzes stand ohnehin an. Alles in allem kann von einem teilweise seitens der Versorger geforderten Neustart der Energiewende nicht die Rede sein. Vieles bleibt, wie es war und die wirklich großen Themen, wie die Novellierung des EEG ab Ende 2026 bleiben (noch) im Nebel.

Wir haben einmal die aus unserer Sicht wesentlichen Themenbereiche bei den Erneuerbaren Energien und die Regelungen und Absprachen dazu (so sie denn schon konkret sind) kurz hervorgehoben und zusammengefasst:

  1. Klimaziele – Es bleibt bei einem generellen Bekenntnis zu den Klimazielen und einer Erreichung der Klimaneutralität bis 2045. Dies allerdings auch durch CCS etc. – in Erweiterung der bisherigen Praxis nicht nur an Industrieanlagen, sondern auch an Gaskraftwerken sondern auch mittels DAC (direct air capture) – CO2-Abscheidung aus der Luft als Zukunftstechnologie)
  2. Industriestromspreis – Die Koalition ist sich einig, die Strompreiskompensation für Unternehmen dauerhaft zu verlängern und einen Industriestrompreis für energieintensive Unternehmen einzuführen. Diesen Punkt erwähnte der CDU-Chef Friedrich Merz, sogar dezidiert bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages – obwohl er als Oppositionsführer noch vehement dagegen war.
  3. Energieerzeugung – Hier bleibt es beim Bekenntnis zum Kohleausstieg 2038. Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit will die Koalition den Bau von 20 Gigawatt Gaskraftwerksleistung mit einer „zu überarbeitenden Kraftwerksstrategie technologieoffen anreizen“. Weitere Details dazu fehlen, insbesondere, ob der Plan auch wasserstofffähige Anlagen enthält. Eine Reaktivierung der bereits abgeschalteten deutschen Kernkraftwerke kann die Union jedoch nicht durchsetzen, so dass es vorerst beim Atomausstieg bleibt.
  4. Reservekraftwerke – Union und SPD halten am Ziel fest, Reservekraftwerken zeitweise die Rückkehr an den Markt zu ermöglichen, um Preisspitzen beim Strompreis zu vermeiden. Ob dies mit dem EU-Recht vereinbar ist, wird sich zeigen.
  5. Neustart der Energiewende – Der Neustart der Energiewende fällt aus. Die Koalitionspartner wollen dennoch alle Erneuerbaren „entschlossen“ ausbauen. Allerdings soll der Ausbau nun „netzdienlicher“ voranschreiten und die Erneuerbaren Energien sollen sich „perspektivisch“ am Markt refinanzieren. Was das konkret bedeutet werden Union und SPD im Rahmen der bis 2026 anstehenden EEG-Novelle klären müssen. Ein Ziel ist dabei bereits klar formuliert in der Umsetzung -gerade aufgrund der Eingriffe – mehr als schwammig: „Die zulässige Höhe der Flächenpachten für im EEG geförderte Anlagen werden wir begrenzen“.
  6. Flächenziele und Windenergie – die Flächenziele bis 2027 bleiben bestehen, darüber hinausgehende Ziele bis 2032 werden evaluiert. Hintergrund ist, dass die SPD am Zwei-Prozent-Flächenziel festhalten, die Union die Erreichung der Vorgabe auch über ein „Ökostromziel“ ermöglichen wollte.
  7. Netzausbau – Der Netzausbau soll effizient vorangetrieben werden, neue Leitungen, sollen in erster Linie als günstigere Freileitungen realisiert werden. Die Bundesregierung wird sich zudem nach Vorgabe der Union für eine einheitliche Stromgebotszone in Deutschland einsetzen.
  8. Keine Abschaffung des „Heizungsgesetzes – Da es kein „Heizungsgesetz“ gibt, kann dieses auch nicht abgeschafft werden, gemeint ist wohl das Gebäudenergiegesetz – GEG. Dieses Gesetz kann aber nicht abgeschafft werden, da die Bundesregierung an die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes gebunden bleibt und Vorgaben zur Senkung des CO2 Emission im Wärmesektor eingehalten werden müssen. Es bleibt daher nicht viel Spielraum zu Änderungen in diesem Bereich. Änderungen am GEG wären ohnehin nötig gewesen, weil Deutschland die EU-Gebäuderichtlinie umsetzen muss. Insofern gilt hier: Viel Lärm um nichts.
  9. Ausbau der Fernwärmeinfrastruktur – Konkrete Zahlen zu Investitionen finden sich nicht im Koalitionsvertrag. Es bleibt allein die Absicht, die Investitionsbedingungen für den Ausbau durch eine Reform der AVB-Fernwärme-Verordnung und der Wärmelieferverordnung zu verbessern und eine Preisaufsicht und eine Schlichtungsstelle für die Fernwärme zu installieren.
  10. Wasserstoffkernnetz und Energieinfrastruktur – Aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) sollen 150 MEUR des insgesamt 500MEUR großen Sondervermögen in den Ausbau der Energieinfrastruktur und eines Wasserstoffkernnetzes fließen. Die restlichen Investitionen sollen aus privatem Kapital zusammen mit staatlichen Garantien kommen – ob das (auch beihilferechtlich) funktioniert, wird man sehen.
  11. Umsetzung RED III – Die Umsetzung muss bis 30.06.2025 erfolgen und soll nun „zeitnah“ geschehen. Ob dieses Ziel bis 30.06. realistisch zu erreichen sein wird, ist noch ungewiss. Aktuell wird über eine unmittelbare Anwendung von RED III in Deutschland in einer Übergangsphase diskutiert. Beschlossen ist hier aber noch nichts.
  12. Windeignungsgebiete – Die Steuerungswirkung der Windeignungsgebiete soll sichergestellt werden, dies deutet wohl auf eine Ausweitung der „lex Sauerland“ hin, denn man möchte die Windkraft auf bestimmte Gebiete konzentrieren.
  13. Regionalplanung – Der Arten- und Naturschutz soll nun frühzeitig in die Regionalplanung einbezogen werden – wie auch bereits in der RED III angelegt und durch die Koalitionäre noch einmal bestätigt. An anderer Stelle im Koalitionsvertrag steht unter dem Stichwort „Planungsbeschleunigung“ zudem, dass Doppelprüfungen vermieden werden sollten. Damit wird interessant, was auf der Ebene der Vorhabenzulassung ergänzend (noch) zu prüfen bzw. dann nicht mehr zu prüfen ist und wie schnell eine Umsetzung erfolgen wird.
  14. Vereinfachung von TA Lärm und TA Luft – Klingt gut, wie aber eine solche von den Koalitionären beschlossene Vereinfachung aussehen soll, bleibt offen.

Kontakt: Dr. Axel B. Röpke