Alles für den Wohnungsbau

Mit Koalitionsverträgen ist es in Deutschland oft wie mit guten Weinen. Die darin enthaltenen Gesetzesvorhaben müssen erstmal reifen. Nicht so mit dem versprochenen Bauturbo – der sollte nach dem Koalitionsvertrag binnen 100 Tagen kommen (wir berichteten, https://tyskret.com/baustelle-deutschland-der-koalitionsvertrag/) und das ist möglich. Es liegt nämlich jetzt der erste Referentenentwurf vor.

Was steht im Referentenentwurf?

In Bezug auf den Wohnungsbau im Wesentlichen Folgendes:

  • Befreiungen von Bebauungsplänen

Bei (bestehenden) Bebauungsplänen sollen zu Gunsten des Wohnungsbaus Befreiungen in deutlich größerem Umfang ermöglicht werden.

 

  • Unbeplanter Innenbereich

Im sog. unbeplanten Innenbereich (also überall dort, wo im Bebauungszusammenhang kein Bebauungsplan besteht) werden zu Gunsten des Wohnungsbaus Abweichungen vom Einfügen in die nähere Umgebung zugelassen.

 

  • Turbo-Generalklausel

Herzstück der Reform soll aber der schon aus der letzten Legislatur bekannte Bauturbo-Paragraph § 246e BauGB werden. Eine Vorschrift, die im Grunde das Maximum an rechtlich zulässiger Flexibilität für den Wohnungsbau festlegt. Wer mindestens sechs neue Wohnungen bauen, sein Bestandsgebäude für den Wohnungsbau erweitern (Aufstockung oder Innenhofbebauung) will oder Nutzungsänderungen hin zu einer Wohnnutzung plant, soll das bestehende Planungsrecht grundsätzlich gar nicht mehr fürchten müssen. Hier sind unter wenigen Voraussetzungen Abweichungen von sämtlichen Vorschriften des Baugesetzbuches und den auf dieser Grundlage erlassenen Vorschriften zulässig. Die Vorschrift soll erstmal bis Ende 2030 erlassen werden.

 

  • Nicht ohne meine Gemeinde

Die vorstehenden Abweichungs- und Befreiungsmöglichkeiten gehen zwar sehr weit, aufgrund der kommunalen Gestaltungshoheit müssen allerdings die Gemeinden fast in alle Entscheidungen zu Gunsten des Wohnungsbaus einbezogen werden.

  • Fortgesetzte Regulierungsmaßnahmen

Für Bestandsgebäude wird das Umwandlungsverbot in Wohneigentum um 5 Jahre, ebenfalls bis Ende 2030 verlängert. Gleiches gilt für die Verordnungsermächtigung zur Festlegung von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (hier soll die Verlängerung sogar bis Ende 2031 gelten).

 

Wie geht es jetzt weiter?

Ein Referentenentwurf ist leider noch (lange) kein Gesetz. Jetzt schlägt typischerweise die Stunde des Lobbyisten, denn dem einen gefallen zwar die Erleichterungen und die Regulierung nicht, bei dem anderen ist es im Zweifel genau umgekehrt. Da es aber bereits in der vergangenen Legislatur ähnliche Vorschläge gab, dürfte es so schlimm diesmal vermutlich nicht kommen. Das Gesetz hat also durchaus Chancen in absehbarer Zeit in den Bundestag zu gelangen. Ob wir uns allerdings den Wohnraum in den Ballungszentren bald zu vertretbaren Preisen aussuchen können, muss bezweifelt werden. Es bleiben genug Hürden für den Wohnungsbau.

Wir halten Euch über den Fortgang des Verfahrens auf dem Laufenden.