Das (vorläufige) Ende eines Privilegs
Nach dem Europäischen nun also auch der Bundesgerichtshof. Erstmal Schluss mit lustig für die sog. Kundenanlage und damit für viele Mieterstrommodelle und Blockheizkraftwerke in Deutschland, die lange Zeit von einer Privilegierung für lokale Netze profitiert haben.
Was ist passiert?
Ein Energieversorgungsunternehmen wollte in einem Quartier mit insgesamt 10 Wohnblöcken mit über 250 Wohneinheiten zwei Blockheizkraftwerke errichten und den gewonnenen Strom an die Mieter der Wohnungen veräußern. Dafür wollte das Unternehmen vom örtlichen Verteilnetzbetreiber Anschlüsse an deren Netz sowie die Bereitstellung von Zählpunkten haben. Das fand der Verteilnetzbetreiber nicht gut und lehnte ab – das gehe nur bei Kundenanlagen und um solche handele es sich nicht. Das Energieversorgungsunternehmen hat dies daraufhin gerichtlich überprüfen lassen.
Was hat die Rechtsprechung dazu gesagt?
Der Bundesgerichtshof war sich seiner Sache auch nicht so sicher, weil es nämlich vornehmlich um Europarecht geht. Und in solchen Fällen fragt man besser mal beim Europäischen Gerichtshof nach. Und dessen Antwort, die der Bundesgerichtshof nun bestätigt, war eindeutig: eine Kundenanlage darf nicht gleichzeitig ein Verteilernetz im Sinne des Europarechts darstellen. Die von dem Energieversorgungsunternehmen geplanten Leitungsanlagen für das Quartier seien aber solche Verteilernetze. Der Betreiber muss also den entsprechenden Regulierungsanforderungen entsprechen und profitiert von den Privilegien einer Kundenanlage nicht. Und das bedeutet – wir sind in Deutschland und in Europa – eine Menge Vergnügen mit einer Menge zu beachtenden Vorschriften. Darüber hinaus wird das Ganze auch für die Endkunden zu höheren Kosten führen, denn von nun an werden Netzgebühren fällig. Damit wird Energieerzeugung vor Ort deutlich komplizierter und damit auch teurer.
Wie geht es jetzt weiter?
Die neue Bundesregierung hatte sich auf die Fahnen geschrieben, dass es in Deutschland nun schnell unbürokratischer wird und Strompreise sinken. Für beides ist die Entscheidung kontraproduktiv. Für die Energiewende ohnehin.
Und noch schlimmer: der Gesetzgeber kann auf nationaler Ebene sogar erstmal wenig machen, denn das Ganze kommt auch noch aus Brüssel. Es wird also spannend, wie die neue Bundesregierung mit der Entscheidung umgeht und wann sie in Brüssel vorstellig wird.